Pulverisierte Erde in rostroter bis ockerfarbener oder schwarzverkohlter Beschaffenheit scheint den Werken von Paula Schmidt in wohldosierten Anteilen beigemischt zu sein. Nach einem Arbeitsaufenthalt in Mallorca ließ sich die Künstlerin von der Macht der Naturtöne inspirieren und schuf eindrucksvolle Materialcollagen mit vielfältigen Scraffitto-Effekten.

Die geheime Rezeptur ihrer harmonischen und ungewöhnlichen Kompositionen stellt einen mystischen und eindringlichen Klang her, der die Reise ihrer schmalen, stelenhaften und oft nur grob umrissenen Leitfigur durch Zeit und Raum untermalt.

Die Werkzeuge der Künstlerin sind neben Pinsel und Leinwand auch Drahtbürste, Meißel, Schere und Papier, Fetzen und Streifen von Mullstoff. Ihre auf die Leinwand gebannten Figuren werden mit Fadenkreuzen, Rastern, Punktesystemen und abstrakten Lineaturen eingesponnen. Zuletzt scheinen die Farbschichten nocheinmal mit magischen Texturen aufgerauht oder geschabt und zerkratzt worden zu sein.

Im Wirbel eines phantasievoll geschaffenen Universums aus diesen fremden Zeichen und Symbolen wirkt die Malerei Paula Schmidts als Botschaft zwischen den Zeiten: die Vergangenheit bewahrend, Gegenwärtiges schemenhaft beschwörend und doch prophetenhaft die Zukunft weisend. Dabei entwirft sie den Bildraum als dichte Schichtung von Farbebenen, die die kontrastierende Figur unterlegen und in einer sinnlich erfahrbaren Materialschicht bergen.

Im Diptychon “Zwischenwelten” wird der Hell-Dunkel-Kontrast von schattenhaften Wesen in einer Welt aus versteinerten und tief in die Leinwand geprägten Spuren zu Versteinerungen, Sedimentationen und Überlagerungen. Das Individuum ist orakelhaft mit seiner natürlichen Umgebung verschmolzen und beherrscht sämtliche Gegensätze: vom polarhaften, milchigweiß gepuderten Bildhorizont bis zur warmen höhlenartigen Raumtiefe.

Die Wesen der Paula Schmidt sind auf Geborgenheit und Unabhängigkeit gepolt, wann sie ihre Behausung endgültig verlassen, bleibt ihnen vorbehalten.

Christina Wendenburg
Berlin, 8.9.1994